Liebe Nachbarn,
nach längerer Pause nun gibt es wieder Nennenswertes zu berichten. Frau Astrid Pfeiffer, selbst wohnhaft in einer unserer umliegenden Gemeinden, hat viel Zeit und Mühe in einen offenen Brief an Bürgermeister und Gemeinderäte im Münchner Umland gesteckt, in dem sie Mißstände und sicher auch so manche Fehlentwicklung in der Stadtentwicklung aufzählt.
Da viele angesprochenen Dinge sicher Grundlage für angeregte Diskussionen sein können, möchte ich die Argumente gerne weitergeben, und zwar nicht nur Vereinsintern, sondern -mit freundlicher Genehmigung- auch öffentlich.
Diskutieren Sie gerne mit. Auch nach dem DSGVO-Theater können Sie bei uns Kommentare hinterlassen, wir würden gerne viele Sachbeiträge von Ihnen lesen.
Christoph Söllner
Wachstum steuern, Lebensqualität erhalten
Sehr geehrte/r […], ich schreibe Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen im Landkreis München, weil ich mich – obwohl ‚einfache Bürgerin‘ ohne Amt und Mandat – verantwortlich fühle für mein ‚Dorf‘ und unseren Landkreis wie schon mein Vater als langjähriger Gemeinderat und Bürgermeister. Ich bitte Sie: Setzen Sie sich ein für ein Ende des irrwitzigen Zuzugs, der uns überrollt, die Preise hochtreibt, Familien auseinanderreißt, Enge und sozialen Stress erzeugt, die Umwelt zerstört und durch den Verkehrszuwachs unsere Gesundheit gefährdet.
Bitte werden Sie gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen bei der Bayerischen Staatsregierung und beim Bund vorstellig:
- Wir brauchen eine Gemeindefinanzierung, die unabhängiger ist von der Gewerbesteuer.
- Wir brauchen eine ausgleichende Strukturpolitik auf Bundes- und Landesebene, die andere Regionen aufwertet, um uns vom Zuzug zu entlasten und die Verstädterung und Gentrifizierung unserer Heimat zu bremsen.
Ob wir 10.000 oder 50.000 Wohnungen auf unsere Äcker stellen und in die letzten Baulücken quetschen – es wird nicht reichen. Wir können nie für alle bauen, die herkommen wollen. Beenden wir den Versuch, das zu tun, bevor noch mehr kaputt geht!
Sie als Bürgermeister sind in erster Linie für die Menschen verantwortlich, die in Ihrer Gemeinde leben und nicht für die, die noch herkommen wollen. Die Wohnraumschaffung für Einheimische kann aber nur gelingen, wenn wir den Zuzug in den Griff bekommen. Einen Wasserrohrbruch würden wir ja auch nicht mit Eimern (d.h. Wohnungsbau, Straßenbau etc.) bekämpfen, sondern durch Abdrehen des Haupthahns!
Lassen Sie sich bitte nicht einreden, das irrationale Wachstum müsse uns mit Stolz erfüllen und sei quasi ein Naturgesetz, nicht beeinflussbar. Diese Haltung führt dazu, dass wir panisch alles Mögliche bauen, anstatt das Grundproblem, den Zuzug, anzupacken. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen! Sie handeln weder egoistisch noch unsozial, wenn Sie jetzt auf die Bremse treten, sondern verantwortungsvoll.
Wir MÜSSEN nicht wachsen, schon gar nicht so überstürzt, wie es Akteure aus Wirtschaft und Politik fordern. Wer profitiert denn davon? Immobilienmanager machen Gewinne, während die Kommunen bestenfalls einen kleinen Anteil unter dem Deckmäntelchen der sozialen Bodennutzung ergattern. 30 Prozent SoBoN helfen zwar vordergründig, aber der Schaden, den die 70 Prozent, die in den freien Markt gehen, anrichten, ist größer als der Nutzen.
Denn jede neue Wohnung auf dem freien Markt löst weiteren Zuzug aus, so wie Straßenbau bzw. der Bau zusätzlicher Fahrspuren weiteren Verkehr erzeugt. Wie viele Einwohner wollen wir denn? 4 Millionen? 5 oder 6? Wir verlieren unsere Heimat, unsere bayrische Sprache, unsere Wurzeln. Die Sicherheit im Sinne von Geborgenheit und Zugehörigkeitsgefühl. Unsere Identität. Das alles brauchen wir aber, um gesund und glücklich zu leben.
32.000 ‚Fußballfelder‘ Ackerland wurden seit 2008 in Stadt und Landkreis München und den umliegenden Landkreisen zu Siedlungs- und Verkehrsflächen (MM 18.04.2018). Dazu die Verdichtung im Innenraum. Was bleibt da für unsere Kinder und Enkel übrig? Viele von uns haben diese Fehlentwicklung – sicher unbewusst – auch noch befeuert, denn wer sein Grundstück an reiche Zuzügler verkauft, das früher an die nächste Generation Einheimischer übergegangen wäre, trägt zur Verknappung von Wohnraum bei.
Darunter leiden besonders die Bürger, die sich schwer tun mit hohen Mieten und Eigenheimerwerb. Wir müssen für Einheimische dauerhaften Wohnraum schaffen und zugleich sofort den Zuzug massiv bremsen und steuern.
Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben
Die Frage ist, wie verhindert werden kann, dass öffentlich geförderte Wohnungen nach einigen Jahren aus der Sozial- oder Einheimischenbindung fallen. Und: Je größer die Bevölkerung wird, desto mehr Menschen sind lange genug bei uns, um als Einheimische zu gelten. Wie sollen wir für alle geförderten Wohnraum schaffen?
Die, die am Wachstum verdienen und die, die ihre Mission darin sehen, die (Fehl-)’Entwicklung‘ unserer Heimatregion ohne Rücksicht auf Verluste voranzutreiben, lassen sich von derlei ungeklärten Fragen nicht aufhalten. Der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum würde offenbar am liebsten den ganzen Landkreis auf einmal zupflastern und tut Kritik einfach ab (MM 04.02.2017, 18.04.2018).
Flughafenausbau, Neu-Freiham mit 25.000 Einwohnern vor unserer Haustür, SEM-Projekte in München, das tägliche Leid der Anwohner an der A99, und so weiter. Das ist alles nicht gottgegeben, sondern menschengemacht!
Ich frage mich: Wie kann man denn einfach so weitermachen, obwohl wir schon jetzt keine Ahnung haben, wo wir Kinderbetreuer und Altenpfleger herbekommen und wie wir Stau und Abgasbelastung eindämmen? Es darf nicht sein, dass unsere Mitbürger dazu gezwungen werden, schmutzige Luft einzuatmen, auch wenn Grenzwerte, die man im Moment noch für ausreichend hält, unterschritten werden. Eines Tages wird die Forschung uns mitteilen, dass diese ‚geringen‘ Dosen leider doch schädlich waren – aber dann ist es für viele Bürger zu spät.
Landflucht und Verstädterung bekämpfen
Während wir überrollt werden, sterben Dörfer und Städte anderswo aus (s. ZDF ‚Stadt-Land-Frust‘). Bestehende Strukturen lösen sich auf. Wenn die Großeltern alleine auf dem Land zurückbleiben, brauchen sie genauso eine ‚Fremdbetreuung‘ wie ihre Enkel, die in der Stadt leben und denen die Oma fehlt. Das kostet viel Geld und reißt Familien auseinander.
Bei uns wird knallhart ‚nachverdichtet‚, egal, ob der Nachbar bald auf eine 10-Meter-Hauswand schauen wird müssen, wo vorher Bäume, Oachkatzl und weiß-blauer Himmel waren, und dann darf er nichts dagegen sagen, obwohl er große Angst hat vor dem, was da auf ihn zukommt, bzw. vor dem, was er verliert, denn das wäre angeblich egoistisch. Man sollte Nachbarn, die Angst haben, weil sich ihr Lebensumfeld plötzlich und ungefragt radikal verändert, nicht verurteilen. Die Initiativen, in denen Einheimische um ihre Wohnviertel kämpfen, bestehen nicht aus notorischen Egoisten. Das sind einfach Leute, denen man etwas nehmen will, und dass die sich wehren, ist verständlich. Stellen Sie sich vor, Ihr neuer ‚Nachbar‘, ein Investor, baut Ihnen ein Mehrfamilienhaus vor die Nase!
Wenn man erkennen könnte, dass sich die Strukturpolitik ändert und ein Ende des Wahnsinns in Sicht ist, dann wäre auch die Akzeptanz für Bauprojekte größer, vor allem für Einheimischenmodelle. Aber so, wie das derzeit läuft, herrscht natürlich Panik und Abwehr.
Durch eine gerechtere Strukturpolitik auf Bundes- und Landesebene würden andere Regionen aufgewertet und wir entlastet – steuerliche Anreize, Erleichterungen für Betriebe z.B. bei Genehmigungen, schnelles Internet, attraktives Umfeld bzgl. Kultur, Freizeit, Sport, Natur usw. Viele Regionen haben freien Wohnraum und Gewerbeflächen (s. Kampagne Freyung-Grafenau, s. Rückkehr-Beratung ‚Comeback Elbe-Elster‘, SZ 7.4.2018).
So steht es ja auch in unserer Verfassung: ‚Er‘ (der Staat) ‚fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land‘. (s. Bayern 2 ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern. Leeres Versprechen mit Verfassungsrang?‘)
Dazu brauchen wir u.a. eine Gemeindefinanzierung ohne die Abhängigkeit von der Gewerbesteuer. Der faktische Zwang, Gewerbe anzusiedeln, führt zur Zubetonierung unserer Landschaft und zum Zuzug Zehntausender weiterer Menschen, die auch wieder Wohnraum, Ärzte, Klinikbetten, Kindergärten, Pflegepersonal, Geschäfte brauchen und Auto fahren wollen. Um diese Infrastruktur zu schaffen, müssen die Kommunen weitere Steuereinnahmen generieren. Man braucht also wieder neues Gewerbe – eine endlose Spirale! ‚Infrastruktur ausbauen‘ bedeutet auch, dass Krankenpfleger, Erzieherinnen etc. in großer Zahl mit ihren Familien herkommen, die den Fachkräftemangel auf den ersten Blick mildern, ihn aber indirekt weiter verschärfen, weil sie selbst wieder Infrastrukturbedarf auslösen.
Schreckensszenario: Verarmt der Landkreis München?
Wir verarmen nicht, wenn wir langsamer wachsen! Umgekehrt: Es kann nicht sein, dass wir solches Wachstum brauchen wie derzeit, um weiterhin gut leben zu können (‚Wohlstand‘)! Wie definieren wir eigentlich Wohlstand? Rein monetär? Das greift zu kurz!
Wenn wir uns entscheiden, langsamer zu wachsen, entgehen uns vielleicht Steuereinnahmen, aber wir sparen uns auch viel Geld. Schulbauten, ÖPNV etc. Und wir können in Ruhe die vielen Probleme angehen und lösen, anstatt nur der ‚Entwicklung‘ hinterher zu hecheln.
Mir fällt nichts ein, das sich für uns durch den starken Zuzug verbessert hätte im Vergleich zu 1980, 1995, 2003 oder 2018.
Im Gegenteil!
Oder ist es etwa ein Zeichen für wachsenden Wohlstand,
- dass die S-Bahn heute meistens zu spät kommt und manchmal gar nicht, oft völlig verdreckt ist und – angesichts der sinkenden Qualität – überteuert dazu? (s.a. MM online 27.4.2018 Chaos auf der Stammstrecke. DB rät, nicht mit der S-Bahn zu fahren)
- dass die Möglichkeiten, von A nach B zu kommen, ob mit Auto oder ÖPNV, seit Jahren weniger werden? Mussten Sie schon einmal zwischen 7 und 9 Uhr von Planegg nach Unterhaching fahren, oder gar bis hinüber zur KfZ-Zulassungsstelle?
- wenn Ämter so überlastet sind, dass man sich fast nicht mehr traut, die Mitarbeiter mit einer Frage oder gar einem Antrag zu behelligen?
- dass man auf normale Krebsvorsorgetermine im Klinikum inzwischen 4 bis 6 Monate wartet (da zu viele neue Patienten)? Und man sogar für ein Kind den nächsten Untersuchungstermin 4 Monate vorher ausmachen muss?
- dass man neuerdings Handwerker-Stundensätze von 50 Euro zahlt, wo es vor zwei Jahren noch 42 waren, und der eigene Verdienst leider nicht mitgewachsen ist? Und dass Handwerker für kleinere Aufträge überhaupt nicht mehr vorbeikommen?
- dass es draußen laut ist und stinkt, wenn man wie ich in der Nähe einer größeren Straße wohnt, so dass man manchmal gar nicht mehr lüften kann? Weil immer mehr Autos dazukommen, plus Tausende Baustellen-Lkw, die den verrückten Bau-Boom bedienen?
- dass auf unseren Äpfeln an den Obstbäumen im Garten eine Rußschicht pappt?
- dass es kein freundliches ‚Grüß Gott‘ mehr gibt, wenn man sich im Wald begegnet, wo es doch bei uns in Bayern ein ungeschriebenes Gesetz war, dass ‚im Woid und im Gebirg‘ ein Jeder dem anderen ein freundliches Wort zukommen lässt?
- dass die Grundsteuer steigt, weil das alte, vom Opa geerbte Häusl auf einem Grund steht, der heute plötzlich 1,5 Millionen wert ist? Und dass kein Normalverdiener mehr eine Erbschaftssteuer zahlen kann, die sich am Grundstückswert bemisst?
- dass man in unserer Bahnhofstraße für eine 109-qm-Wohnung 900.000 Euro zahlt?
- dass man sich an der Fußgängerampel an der Kreisstraße M21 die Beine in den Bauch steht und niemand das zu ändern gedenkt (‚besserer Durchfluss des Hauptverkehrsstroms‘)?
- dass man sogar ‚zdiafst im Woid‘ dauernd dieses penetrante Grundrauschen hört, weil der Verkehr so zugenommen hat? Im Kreuzlinger Forst hört man immer noch die A96; im Planegger Holz kriegt man je nach Windrichtung einen Hörschaden, so laut ist es.
- dass die A96, die bis vor Kurzem problemlos befahrbar war, auf Jahre hinaus durch Baustellen-Staus blockiert ist (wie andere Autobahnen im Landkreis), um weitere Spuren zu bauen, die auch bald volllaufen, sodass der ganze Aufwand für die Katz war?
- dass die gute Nachbarschaft zwischen Kommunen leidet, wenn man dem anderen eine Straße oder ein Gewerbegebiet vor die Nase setzt (s. diverse Medienberichte)?
- .. (Die Liste ließe sich fortsetzen.)
Seit der überwältigenden Resonanz auf die Aktion ‚Für Planegger bauen – Identität bewahren‘ bin ich sicher, dass viele meine Meinung teilen. Viele Planegger haben mir gesagt: ‚Mia findn des oiss a ned guad, aba mia hättn ned gwusst, wos ma dagegn doa kena.‘
Der Kontrollverlust unserer lokalen Gesellschaft und Politik im Hinblick auf den Zuzug und die Folgen zeigt sich überall in unserem Alltag. Das muss sich ändern. Qualitatives Wachstum ja, quantitatives nein.
Ich bitte Sie: Wir müssen aktiv steuern – mit einer klaren Vorstellung davon, wie wir unsere Heimat in Zukunft schützen und gestalten können.
Über eine Antwort (Ihre Meinung, Visionen, Lösungsvorschläge) würde ich mich sehr freuen!
Mit Dank im Voraus und freundlichen Grüßen aus dem Südwesten des Landkreises,
Astrid Pfeiffer
Hundert % Zustimmung! Ich würde den Brief gerne auf meiner FB-Seite teilen. Ist das erlaubt oder gar gewünscht? Danke für die Info und an Frau Pfeiffer.
I. B. Kohlbeck
Danke für Ihr Lob! Das Schreiben ist ganz traditionell per Post an die 29 Bürgermeister gegangen.
Facebook ist mir – obwohl ich es selber nutze – eher unheimlich; da geraten einem die Dinge schnell außer Kontrolle. Aber Ihre Nachricht hat mich auf eine Idee gebracht: Ich habe das pdf vor ein paar Minuten auf die Homepage gestellt, die ich vor 2 Jahren gemeinsam mit einem ehem.Klassenkameraden vom Planegger FLG für die erfolgreiche Verhinderung des überdimensionierten Bahnhofsprojekts Planegg genutzt habe. Den Link da hin kann man dann teilen. Ich hoffe, das funktioniert so und ist ok für Sie?
Eine ‚Verkehrsinitiative Planegg‘ gibt es eigentlich nicht, ich habe mir damals nur prophylaktisch die Domain gesichert und dann habe ich den Bahnhof draufgestellt in der Annahme, dass das Verkehrsthema uns auf Jahre hinaus bleiben wird. Ist ja auch so. Nur dass das jetzt viel umfassender geworden ist – vom Verkehr als Symptom zum Wachstum an sich als Wurzel des Übels. Das habe ich vor 2 Jahren noch nicht so deutlich gesehen. Da hat sich in dieser Zeit schon viel getan, auch durch die umfassende Berichterstattung der Medien dazu.
verkehrsinitiative-planegg.de/Oeffentlich_Wachstumskritik_29-Bgm_Lkr-Muenchen_Mai-2018.pdf
Mit freundlichen Grüßen aus Planegg
A. Pfeiffer
Liebe Frau Pfeiffer,
Sie sprechen mir aus der Seele, vielen Dank für den umfangreichen Artikel. Es wäre interessant, was unser Heimatminister dazu sagt.
Mit besten Grüßen
Ingrid Egerer
Liebe Frau Egerer,
Herrn Söder habe ich – viel kürzer gefasst – im Januar geschrieben, Herrn Reiter letztes Jahr. Bleibt die Hoffnung, dass die beiden Herren, die durchaus die Macht hätten, eine Veränderung anzuschieben, den Inhalt von ihren Mitarbeitern wenigstens stichpunktartig erzählt bekommen und etwas davon im Hinterstübchen hängenbleibt. Steter Tropfen… Landrat Christoph Göbel, den ich persönlich sehr schätze, kennt meine Meinung schon lange.
Mit freundlichen Grüßen
Astrid Pfeiffer
Liebe Frau Pfeiffer,
Sie sprechen mir mit dieser hervorragenden Zusammenfassung all unserer Probleme und Ängste voll aus dem Herzen. Ich kann nur hoffen, daß unsere Politiker endlich aktiv werden und diesen Wahnsinn stoppen.
Danke + mfg. G. Kassecker
Vielen Dank. Im Moment sieht es zwar noch nicht nach Aktivität in diese Richtung aus, aber ich bin trotzdem optimistisch, dass es eines Tages so weit sein wird. Wir müssen mit so vielen Leuten wie möglich darüber reden, dass Wohnungsbau allein das Problem nicht löst, sondern dass wir GLEICHZEITIG strukturpolitisch umsteuern müssen. Die Presse berichtet da leider noch nicht drüber. Da geht es immer noch nur um Wohnungsbau, Mietpreisbremsen und andere nutzlose Instrumente, und wenn man ‚Wachstumsstopp‘ sagt, kriegt man zu hören, das gehe nicht. Das glaub ich aber nicht. Natürlich geht das, wenn man die Unternehmen und ihre Entscheider mit interessanten Anreizen in andere Gegenden ‚umlenkt‘. Da bin ich mir sicher. Bisher hat sich nur noch kein Politiker gefunden, der damit anfangen würde. Warum auch immer. Denn so wie jetzt kann es ja wohl nicht weitergehen, und das muss doch eigentlich jeder sehen.
Mit freundlichen Grüßen, Astrid Pfeiffer
S.g.F. Pfeiffer,
in Reaktion auf meinen unten angehängten Leserbrief vom 26.6.18 in der SZ wurde ich auf Ihren offenen Brief aufmerksam gemacht. Ihre Situationsbeschreibung trifft die Auswirkungen des ungebremsten Zuzugs perfekt. Bei den erforderlichen Gegenmaßnahmen müssen wir jedoch viel agressiver werden. Grundsätzlich müssen neue attraktiven Arbeitsplätze in den wachstumschwachen Regionen geschaffen werden und zwar durch Verlagerung aller laufenden und geplanten öffentlichen Fördermittel. Das bedingt natürlich auch einen, für manche Bürger in der Stadt vielleicht schmerzlichen Verzicht auf gewohnte Annehmlichkeiten. Stadt- und Landpolitiker müssen überzeugt werden, dass nur dadurch eine glaubwürdige Lösung für den Erhalt der Lebensqualität, sowohl in der Stadt, als auch am Land erreicht werden kann. Wenn nicht mehr ausschließlich den Einflüsterungen der Immobilienindustrie gefolgt wird, kann vielleicht die Politikverdrossenheit der Bürger wieder umgekehrt werden.
MfG
K. Pflüger
SZ 26.05.18 R4, Leserbrief unter „Städtebauliche Bodenpreis-Quadratur“:
Wer sozialistische Regulierungen für Bodenpreise und Mieten predigt, hat von den Mechanismen unserer Marktwirtschaft kaum etwas verstanden, genauso wenig wie unsre ratlosen Stadtoberhäupter, die verzweifelt hofften, dass nun als Ultima Ratio die privaten Baugenossenschaften sich auf die Ausschreibungen mit den inflationären Bodenpreisen bewerben würden. Die weitverbreitete Illusion von bezahlbarem Wohnraum kann nur realisiert werden, wenn der Zuzugsdruck auf die Metropolen endgültig beseitigt wird. Unabdingbar dafür sind viele neue Arbeitsplätze, die ausschließlich in den strukturschwachen Regionen auf dem Land geschaffen werden müssen, verbunden mit einer dazugehörigen lebenswerten Infrastruktur. Jegliche Förderung der Metropolen hinsichtlich Wachstum, Fremdenverkehr, weiteren Studienplätzen, Arbeitsmarkt, etc. ist einzustellen und die freiwerdenden Mittel sind in diese Gebiete umzuleiten. Auch die Verlagerung mancher städtischen, übertrieben teuren Kulturprogramme in die Provinz, kann dort ein Mehrfaches bewirken. Denn dort existiert bereits, bzw. steht sogar teilweise leer, der heiß herbeigesehnte bezahlbare Wohnraum. Sowohl die wachstumsgeschädigten Wutbürger in den überfüllten Innenstädten, als auch die verzweifelten Abgehängten in der Provinz, könnten sich alsdann für die Altparteien wieder zum früheren Stammwählerpotential bekehren.
Auch Ihnen vielen Dank und meine Hochachtung für Ihr Engagement und Ihren Leserbrief in der SZ. Ich werde klären, ob es in Ordnung ist, wenn ich meinen Brief vervielfältigen lasse und auf der Veranstaltung nächste Woche im Bürgersaal Interessierten zum Mitnehmen zur Verfügung stelle. Mit freundlichen Grüßen, Astrid Pfeiffer